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ServusTV abschalten!

Als im November 2021 überraschend die Meldung die Runde machte, Sport1 werde seine Übertragungsrechte an den DEL-Partien per Sublizenz an ServusTV abtreten, dürfte die Begründung seitens Sport1 der DEL und ihren Vereinen nicht gefallen haben. Olaf Schröder (Vorstandsvorsitzender der Sport1 Medien AG und Vorsitzender der Geschäftsführung der Sport1 GmbH) machte keinen Hehl daraus, dass der Beschluss wirtschaftliche Gründe hatte: „Unsere Entscheidung ist vor allem begründet auf einer möglichst optimalen Bewirtschaftung unserer Programmflächen und alternativer Programmoptionen für diese Flächen“ [1]. Soll wohl heißen: Die Einschaltquoten entsprachen nicht den Erwartungen.


Aus dem Programm eines der reichweitenstärksten (Sport)sender in Deutschland in das eines hierzulande immer noch relativ unbekannten österreichischen Senders „abgeschoben“ zu werden, ist für Liga und Vereine sicherlich als Rückschritt zu werten. Neue Fans gewinnt man durch die Übertragung auf ServusTV schwieriger als bei Sport1. Letzterer ist definitiv ein Sender, bei dem man beim Durchschalten eher mal „hängenbleibt“ als bei ServusTV. Zwar sind uns die Eishockey-Übertragungen auf ServusTV aus der jüngeren Vergangenheit alle noch in qualitativ hochwertiger Erinnerung, doch mittlerweile zieht selbst dieses Argument nicht mehr. Im Vergleich zu vor einigen Jahren produziert ServusTV keine Übertragungen mehr selbst, sondern sendet lediglich das Programm von Magenta Sport. Zwei Punkte, die bereits bei einer oberflächlichen Analyse von ServusTV ins Auge stechen und Anlass genug sind, einen genaueren Blick auf den Sender zu werfen.


Red Bull naher Sender, der Arbeitnehmerrechte ignoriert


Zunächst sei angemerkt, dass es sich bei ServusTV nach wie vor um den „Haus- und Hofsender“ von Red Bull handelt. Dietrich Mateschitz leitet sowohl die Geschicke des Konzerns Red Bull als auch die von ServusTV. Dass sich ein Fernsehsender, der aus demselben „Hause“ stammt wie ein DEL-Verein, für die TV-Übertragungen der Ligaspiele verantwortlich zeigt, ist eine „gefährliche“ Vermischung an Interessen, die die DEL und ihre Vereine eigentlich vermeiden sollten. Dass Red Bull nicht von sich aus auf eine strikte Trennung beider „Geschäftssparten“ (hauseigener Fernsehsender und Eishockeyverein) pocht, sondern eine Verquickung erneut forciert, ist bereits ein Fingerzeig, wie viel man beim österreichischen Getränkehersteller von Pressefreiheit und neutraler Berichterstattung hält (doch dazu später mehr).


Zudem torpediert Mateschitz elementare Arbeitnehmerrechte, wie sein Vorgehen 2016 beweist, als er das Ende von ServusTV und die Kündigung sämtlicher 264 Mitarbeiter bekanntgab, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten. Die Gründung einer solchen Arbeitnehmervertretung ist ab fünf Angestellten auch in Österreich ein absolutes Grundrecht und muss vom Arbeitgeber sogar aktiv unterstützt werden [2]. In Mateschitz Augen hätte eine von Gewerkschaft und Arbeiterkammer unterstützte anonyme Betriebsrats-Gründung dem Prinzip der „Unabhängigkeit, Unbeeinflussbarkeit und Eigenständigkeit“ des Senders widersprochen [3]. Dass ein „hauseigener“ Eishockeyverein, über den der Sender regelmäßig berichtet, diesem Prinzip nicht widerspricht, zeigt, wie absurd die vorgeschobene Begründung ist. Mateschitz garantierte die Fortführung des Sendebetriebs erst, als sich die Belegschaft von der Gründung eines Betriebsrats distanzierte, um die eigenen Arbeitsplätze zu sichern.


Die erschreckende Wahrheit: Sender für Verschwörungstheorien und Rechtspopulismus


So richtig ins Abseits manövrierte sich ServusTV allerdings mit rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Inhalten, die dort seit Jahren bedenkenlos ausgestrahlt werden. Rechtsextremisten, wie Götz Kubitschek (ein führender Aktivist rechtsextremer Organisationen, wie z.B. der Identitären Bewegungen oder Pegida) [4] und Martin Sellner (Chef des Österreich-Ablegers der Identitären Bewegung), sind dort gern gesehene Talkgäste. Als Reaktion auf Sellners Anwesenheit sagten andere Diskutanten ihre Teilnahme teilweise ab [5].


Als wäre das nicht genug, sorgten während der Corona-Pandemie nicht nur die fragwürdigen Thesen geladener Gäste für Schlagzeilen, sondern auch die der Führungsetage von ServusTV. Ferdinand Wegscheider (seit 2016 Intendant des Senders) bezeichnete in seinem wöchentlichen TV-Kommentar „Der Wegscheider“ Corona-Impfungen als „Genspritzmittel“ [6] oder „mangelhaft erprobte, genveränderte Substanz“. Zudem warf er im November 2021 Simulationsforschern vor, dass „deren Prognosen in all der Zeit noch kein einziges Mal gestimmt haben“ [7]. Bei dieser nur kleinen Auswahl seiner abstrusen Aussagen handelt es sich um wirre Verschwörungstheorien auf dem Niveau eines Michael Wendlers (hier wären wir wieder bei der „neutralen Berichterstattung“) - alles getarnt unter dem Deckmantel der „Satire“, um sich rechtlich nicht angreifbar zu machen.


Nur ein neuer TV-Partner wendet einen Imageschaden ab


Da es sich hierbei um Punkte handelt, die die DEL und ihre Vereine allesamt ablehnen (rechtsextreme Vorfälle werden völlig zurecht sanktioniert, strenge Corona-Regeln penibel eingehalten), droht ihnen im Falle einer langfristigen Zusammenarbeit mit ServusTV ein nachhaltiger Imageschaden und ein Verlust an Glaubwürdigkeit. Der österreichische Sender für Verschwörungstheorien ist definitiv kein seriöser Medienpartner für das deutsche Eishockey. Wir fordern daher: Klubs und Liga müssen die Zusammenarbeit mit ServusTV schnellstmöglich beenden. Ein anderer TV-Partner ist unabdingbar!



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